Dirk Sorge
Dirk Sorge arbeitet als Medien- und Konzeptkünstler in Leipzig und Berlin. Er studierte Bildende Kunst an der UdK Berlin und Philosophie an der TU Berlin und beschäftigt sich mit den Themen Normierung, Ableismus und irrationalen Aspekten von digitaler Technologie. In den letzten Jahren hat er sich kritisch mit dem Konzept der Heilung auseinandergesetzt. Seine Arbeiten umfassen Videos, Installationen, Performances und Computerprogramme. Häufig werden regelbasierte Systeme genutzt, um ästhetische Entscheidungen zu treffen.
Dirk Sorge arbeitete als Vermittler und Berater für verschiedene Museen, darunter die Berlinische Galerie, das Bauhaus-Archiv und das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz.
Er ist Gründungsmitglied von Berlinklusion, einem Kollektiv, das sich für die aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Kunst und Kultur einsetzt.
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Dirk Sorge works as a media and conceptual artist in Leipzig and Berlin. He studied Fine Arts at the UdK Berlin and Philosophy at the TU Berlin and deals with the topics of standardization, ableism and irrational aspects of digital technology. In recent years, he has critically examined the concept of healing. His works include videos, installations, performances and computer programs. Rule-based systems are often used to make aesthetic decisions.
Dirk Sorge has worked as a mediator and consultant for various museums, including the Berlinische Galerie, the Bauhaus-Archiv and the Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz.
He is a founding member of Berlinklusion, a collective that campaigns for the active participation of people with disabilities in art and culture
Interview Transcription:
MJ: So, the first question is: What is access for you
DS: Yeah its interesting I mean… depends on what the German translation would be in this case. Do you know already or…
MJ: Ehm yeah I cannot say so I’ll get a really quick look at what my translator provided… uhm here is here’s the translation.
DS: Ah ja ok… also Zugang is für mich etwas wofür wir jeden Tag kämpfen müssen tatsächlich, weil das meistens nicht mit bedacht wird wenn Dinge geplant werden, wenn Dinge designed werden, dann wird häufig von einem Standard-Norm-Menschen ausgegangen und dann werden Menschen mit Behinderung oft nicht eingeplant deswegen müssen wir dafür kämpfen, dass wir zukünftig mehr eingeplant werden und Zugang bekommen, weil Zugang tatsächlich, ja, eine Bedingung ist für Inklusion also, ohne Zugang gibt’s keine Inklusion, Zugang ist eine notwendige Vorrausetzung dafür.
MJ: Great thank you, and the second question which I am gonna post a German translation to is what is care for you?
DS: Ja, Fürsorge hat ähm so ein bisschen so einen negativen Geschmack für mich bekommen also oder immer schon gehabt aber der Beigeschmack wurde immer schlechter im Laufe der Jahre, auch grade was Verbindung von Fürsorge und Machtstrukturen angeht ist es für mich immer schwieriger geworden das so zu akzeptieren wie es grade ist in Deutschland… das Thema Betreuung und Pflege gehört ja auch dazu und da ist sehr, sehr viel was schief läuft, deswegen hoffe ich solange es geht so wenig Pflege oder Care oder Fürsorge wie möglich zu benötigen, also eigentlich ist Care etwas oder Fürsorge ist etwas wovor ich Angst habe, dass ich zu sehr davon abhängig werde, leider.
MJ: Great thank you and the third question is: what is interdependence for you?
DS: Also Interdependenz ist für mich eigentlich die positive Version von Fürsorge, das heißt, dass nicht eine Person für die andere nur da ist, sondern das es ne Gegenseitigkeit gibt also diese symmetrische äh Beziehung von einer und der anderen Person und letztendlich auch von ganz vielen Personen die miteinander verknüpft sind, wo aber dann nicht mehr diese Machtstrukturen so extrem sind oder diese Hierarchien nicht mehr so extrem sind das heißt es ist mehr ähm, ne gleichmäßige Verteilung von Macht und eigentlich wenn man Interdependenz zu Ende denkt ist es eigentlich nur ein anderes Wort für Gesellschaft also weil kein Mensch in der Gesellschaft ist ja alleine es gibt ja keine Gesellschaft die aus einer Person besteht deswegen gibt’s immer mehrere Menschen in einem Gefüge die sind voneinander abhängig, ähm und je nachdem welche Interessen sie haben oder welche ähm Motive sie haben, verändern sich halt die Arten der Abhängigkeiten aber es bleibt trotzdem immer eine Art von Netz und es gibt keine Gesellschaft ohne Interdependenz.
MJ: Mhm, great thank you and the last question is: what is cure for you?
DS: Heilung ist ein Begriff mit dem ich mich auch in den letzten Jahren künstlerisch beschäftigt habe… und der ist ähnlich wie Fürsorge erstmal für mich negativ belastet leider, auch insbesondere wieder im deutschsprachigen oder im europäischem Kontext ist Heilung für mich häufig was, was von oben herab auf Menschen runterkommt und die Menschen werden häufig gar nicht gefragt ob sie geheilt werden wollen, wer entscheidet überhaupt was geheilt ist und was nicht geheilt ist, es hat auch ganz viel religiöse Konnotationen, die also auch für mich sehr… sehr schwer auszuhalten sind… also es gibt ja Geschichten in der Bibel wo Menschen mit Behinderung quasi einfach als Objekte benutzt werden um die Zauberkraft von Jesus zu zeigen oder von anderen, ja, Personen und das sind natürlich Dinge wo Menschen mit Behinderung einfach zu Objekten werden und geheilt werden anstatt die äh Bedingungen zu verändern die drumherum existieren. Und diese Idee von Heilung die kann man eigentlich bis heute in vielen medizinischen Kontexten finden und natürlich gibt es Menschen die wollen geheilt werden vielleicht, weil sie Schmerzen haben oder wie auch immer, aber ich glaub die Frage ist immer wer entscheidet eigentlich darüber was als geheilt gilt und was als Norm gilt und ähm… wo welche Ressourcen auch reinfließen, nicht wahr, man kann ja auch überlegen was alles in dem medizinischen Bereich jetzt reinfließt an Heilungs- oder Forschungsmethoden oder Forschungsprojekten ob das auch woanders reingehen könnte die ganzen Ressourcen ob man auch vielleicht ähm eher an Umbau von Infrastruktur denkt anstatt immer an den einzelnen Menschen herumzudoktern, das wär so meine Idee zur Heilung. Und dazu kommt natürlich noch das ganze ähm was auch in den letzten Jahren mehr geworden ist dieses esoterische Heilungskommerz, also Menschen auch Unmengen von Geld ausgeben für alternative Heilungsmethoden, die auch von der Schulmedizin nicht anerkannt sind und wo einfach Leute die Menschen mit Behinderung oder mit Krankheiten einfach abzocken und da unheimlich viel Geld damit machen mit den Hoffnungen von kranken und behinderten Menschen.
MJ: Great thank you so much that’s all the questions
DS: Cool, I hope it makes sense somehow
English translation
MJ: So, the first question is: What is access for you?
DS: Yeah, it’s interesting I mean... depends on what the German translation would be in this case. Do you know already or...
MJ: Yeah, I cannot say so I'll get a really quick look at what my translator provided... here is the translation.
DS: Ah yeah ok... so access for me is something we have to fight for every day actually, because most of the time it's not taken into consideration when things are planned, when things are designed. Often a standard person is assumed and then people with disabilities are often not included, so we have to fight for that in the future we will be included more and get access because access is actually, yes, a condition for inclusion, so without access there is no inclusion, access is a necessary prerequisite for that.
MJ: Great thank you, and the second question which I am gonna post a German translation to is what is care for you?
DS: Yes, care has got a bit of a negative connotation for me, or has always had a negative connotation, but the connotation has become worse and worse over the years, also just in terms of the connection between care and power structures, it has become more and more difficult for me to accept it as it is in Germany... the topic of care is also part of it and there is a lot that goes wrong, that's why I hope as long as possible to need as little care as possible, actually care is something I'm afraid of becoming too dependent on, unfortunately.
MJ: Great thank you and the third question is: what is interdependence for you?
DS: Well, interdependence for me is actually the positive version of care, that is, that not only one person is there for the other, but that there is a reciprocity, that is, this symmetrical relationship of one person with another and ultimately also of many people who are interconnected, but where these power structures are no longer as extreme or these hierarchies are no longer as extreme, that is, there is more of an even distribution of power -- and actually if you think interdependence through to the end, it is actually just another word for society because no person in society is alone, there is no society that consists of one person. That's why there are always several people in a structure who are dependent on each other and depending on what interests they have or what motives they have, the types of dependencies change but it still remains a kind of network and there is no society without interdependence.
MJ: Hm, great thank you and the last question is: what is cure for you?
DS: Healing is a term that I have been working with artistically over the last few years... and it is similar to care, unfortunately, for me it has a negative connotation, especially in the German context or in the European context, healing for me is often something that is imposed on people from above and people are often not even asked whether they want to be healed, who decides what is healed and what is not healed, it also has a lot of religious connotations, which are also very... very difficult for me to bear... So, there are stories in the bible where people with disabilities are simply used as objects to show the magic power of Jesus or of other, yes, people and these are of course things where people with disabilities simply become objects and are healed instead of changing the conditions that exist around them. And this idea of healing you can actually find in many medical contexts up until today and of course there are people who want to be healed, maybe because they are in pain or whatever, but I think the question is always who actually decides what is considered healed and what is considered the norm and um.... where resources go, you know, one can also consider everything that goes into the medical field now in terms of healing or research methods or research projects, whether all the resources could also go somewhere else, thinking about reconstructing infrastructure instead of always messing around with individuals, that would be my idea of healing. And of course, there is also the whole thing that has increased more and more, i.e., commercial esoteric healing over the last few years, where people spend a lot of money on alternative healing methods that are not even recognized by orthodox medicine and where people simply rip off people with disabilities or illnesses and make a lot of money with the hopes of sick and disabled folk.
MJ: Great thank you so much, that’s all the questions.
DS: Cool, I hope it makes sense somehow.