Dean Kramer
Dean Kramer has been making music and writing song lyrics, one way or another, for 68 years. A multi-instrumentalist, she plays keyboards, a variety of strings, and woodwinds. She has sung and played at festivals and in coffee houses, composed for advertising media, and composed and conducted movie soundtracks.
Over the last 20 years Multiple Sclerosis has made playing instruments and singing less and less possible. To compensate, she continued to compose using software, posting the results on her YouTube channel: https://youtube.com/@deankramer7635.
She moved to Germany from the US IN 2015, delighted to be in a country with a long musical history and tradition— home of so many well-known composers and musicians from Hildegard von Bingen to the EDM of Kraftwerk.
She has never made it big, but it has never been about that. For her, it is always about putting the music in her head out where she and others can hear and appreciate it.
//
Dean Kramer macht auf die ein oder andere Art seit 68 Jahren Musik und schreibt Songtexte. Als Multiinstrumentalistin spielt sie Keyboards, verschiedene Streich- und Holzblasinstrumente. Sie hat auf Festivals und in Kaffeehäusern gesungen und gespielt, für die Werbeindustrie komponiert und Filmmusiken komponiert und dirigiert.
In den letzten 20 Jahren hat Multiple Sklerose das Spielen von Instrumenten und das Singen immer unmöglicher gemacht. Um das zu kompensieren, komponiert sie nun immer öfter mit Software. Die Ergebnisse sind auf ihrem YouTube Kanal zu sehen: https://youtube.com/@deankramer7635.
2015 zog sie aus den USA nach Deutschland und freute sich, in einem Land mit einer langen Musikgeschichte und -tradition zu leben – der Heimat so vieler bekannter Komponist*innen und Musikschaffenden, von Hildegard von Bingen bis Kraftwerk.
Sie hat es nie zu etwas Großem gebracht, aber darum ging es ihr auch nie. Für sie geht es immer darum, die Musik in ihrem Kopf in die Realität zu übertragen, damit sie und andere sie hören und wertschätzen können.
Interview Transcription:
MJ: So, the first question is: What is access for you?
DK: For me, as a disabled musician, it means that I can do whatever I want to do musically, without having a struggle or finding all kinds of workarounds or accepting limitations that aren’t necessarily on the basis of my disability. So I work mostly with software now because I can’t play a musical instrument and that’s okay. I don’t expect all musical instruments to be available to me. (But uhm) Although I read today about a guy who designed a guitar that can be used by quadriplegics – so, I’d like to try one of those out!
MJ: Great, thank you, and I forgot to add I try not to speak too much when you’re speaking so I don’t get too much of my voice so…
DK: Okay.
MJ: And the second question is: What is care for you?
DK: What is which?
MJ: Uh, care for you?
DK: Care [sighs] I have a personal assistant. The health programs in Germany are really good if you’re disabled. Uhm. Personal care is – you can get care insurance, it comes automatically. So I have really good people who come and help me out with whatever I need done. So I’m well-cared for. And one of the nice things for me is that both of the people who care for my physical well-being seem also to care for my mental well-being. So it’s an emotional connection. It’s a really weird form of intimacy because, you know, these people wipe your butt for you. But at the same time – but it’s not an intimate physical relationship in the sense of love. So, yeah, I’m still exploring what that means. How to – how to have a relationship where someone’s touching you really intimately but it’s not an intimate relationship.
MJ: That’s fascinating. That’s great to hear that the systems there are really effective in a way compared to the US. Great, and the third question is, what is interdependence for you?
DK: What is interdependence? Or independence? Interdependence. [sighs] For me it means that I give as much as I get. Or I try to level that out. So … a caregiver for instance comes to me and gives me their care. I give them some money. I don’t have a whole lot more. I mean sometimes I give people advice. They don’t really want it. But, uhm, yeah, it’s an exchange, it’s leveling things out. For me.
MJ: Great. And then the last question is: What is cure for you?
DK: What is which?
MJ: Uh, cure.
DK: Cheer?
MJ: Uh, sorry: Cure. C U R E.
DK: CURE. Oh no no no. Cure for me – I’m 72 years old, okay. Even if they came up with a cure for MS -- that’s my disability – tomorrow it wouldn’t make a whole lot of difference in my life, uhm, because I’m aging anyway. And I don’t – I guess I get really annoyed with people who try to impose their ideas of cure on me. Oh you can walk again, they say. Yeah, okay, but I’m 72 and if I fall and break my hip I’m gonna die anyway, right? So uhm, uhm, it would be great if sometime in the future they could prevent people from getting MS. But until that happens it’s not a curable situation. You can live with it, you can find ways of mastering your life with it, but cure isn’t happening.
MJ: That’s great, thank you, and that’s fascinating as well, hearing about the intersection of disability and aging. Great, and that’s all my questions, so I’ll stop the recording.
DK: Okay!
German translation
MJ: Also, die erste Frage lautet: Was bedeutet Zugang/Zugänglichkeit für dich?
DK: Für mich als behinderte Musikerin bedeutet es, dass ich alles tun kann, was ich musikalisch tun möchte, ohne mich abmühen zu müssen oder alle möglichen Sonderwege zu finden oder Einschränkungen zu akzeptieren, die nicht unbedingt auf meine Behinderung zurückzuführen sind. Deshalb arbeite ich jetzt hauptsächlich mit Software, weil ich kein Musikinstrument spielen kann, und das ist in Ordnung. Ich erwarte nicht, dass alle Musikinstrumente für mich verfügbar sind. Aber ähm – Obwohl ich heute von einem Mann gelesen habe, der eine Gitarre entworfen hat, die von Menschen mit Querschnittlähmung verwendet werden kann – die würde ich gerne ausprobieren!
MJ: Großartig, danke, und ich habe vergessen hinzuzufügen, dass ich versuche, nicht zu viel zu sprechen, wenn du sprichst, damit ich nicht zu viel von meiner Stimme mit reinbekomme, also...
DK: Okay.
MJ: Und die zweite Frage ist: Was ist Fürsorge für dich?
DK: Was ist was?
MJ: Äh, Fürsorge für dich?
DK: Fürsorge. [seufzt] Ich habe persönlichen Assistent*innen. Die Gesundheitsprogramme in Deutschland sind wirklich gut, wenn man behindert ist. Persönliche Betreuung ist – man kann eine Pflegeversicherung abschließen, das bekommt man automatisch. Ich habe also wirklich gute Leute, die kommen und mir bei allem helfen, was ich tun muss. Ich bin also gut versorgt. Und das Schöne für mich ist, dass die Menschen, die sich um mein körperliches Wohlbefinden kümmern, sich auch um mein geistiges Wohlbefinden zu kümmern scheinen. Es ist also eine emotionale Verbindung. Es ist eine wirklich seltsame Form der Intimität, denn diese Leute wischen dir den Hintern ab. Aber gleichzeitig ist es auch keine intime körperliche Beziehung im Sinne von Liebe. Also, ja, ich bin noch dabei zu erforschen, was das bedeutet. Wie kann man eine Beziehung führen, in der dich jemand wirklich intim berührt, aber es keine intime Beziehung ist.
MJ: Das ist faszinierend. Es ist schön zu hören, dass das System dort im Vergleich zu den USA wirklich effektiv sind. Großartig, und die dritte Frage ist, was ist für dich Interdependenz?
DK: Was ist Interdependenz? Oder Unabhängigkeit (independence)? Interdependenz. [seufzt] Für mich bedeutet das, dass ich so viel gebe, wie ich bekomme. Oder dass ich versuche, alles auszugleichen. Also ... eine Pflegekraft kommt zum Beispiel zu mir und gibt mir ihre Pflege. Ich gebe ihr dann Geld. Viel mehr habe ich nicht. Ich meine, manchmal gebe ich den Leuten Ratschläge. Sie wollen ihn nicht wirklich. Aber, ähm, ja, es ist ein Austausch, es gleicht die Dinge aus. Für mich.
MJ: Großartig. Und die letzte Frage ist: Was ist Heilung für dich?
DK: Was ist was?
MJ: Äh, Heilung.
DK: Heiterkeit?
MJ: Äh, Entschuldigung: Heilung. H E I L U N G.
DK: HEILUNG. Oh nein, nein, nein. Heilung für mich – ich bin 72 Jahre alt, okay. Selbst wenn sie ein Heilmittel für MS finden würden – das ist meine Behinderung – würde es morgen keinen großen Unterschied in meinem Leben machen, ähm, weil ich sowieso altere. Und ich – ich glaube, ich bin wirklich genervt von Leuten, die versuchen, mir ihre Vorstellungen von Heilung aufzuzwingen. „Oh, du kannst dann wieder gehen“, sagen sie. Ja, okay, aber ich bin 72 und wenn ich stürze und mir die Hüfte breche, sterbe ich sowieso, oder? Es wäre also toll, wenn man irgendwann in der Zukunft verhindern könnte, dass Menschen an MS erkranken. Aber solange das nicht passiert, ist die Krankheit nicht heilbar. Man kann damit leben, man kann Wege finden, sein Leben damit zu meistern, aber eine Heilung wird es nicht geben.
MJ: Das ist großartig, danke, und es ist auch faszinierend, etwas über die Überschneidung von Behinderung und das Altern zu hören. Großartig, und das waren alle meine Fragen, also beende ich jetzt die Aufnahme.
DK: Okay!